The Counting Sisters

The Counting Sisters

2017

[für Stimme, Live-Elektronik, Video und Performance]

„The Counting Sisters“ ist eine allegorische Darstellung vom „Zählen der Toten“, einem Ritual aus dem Märchenbuch „The Counting Sisters and other Stories“ als Teil der Ausstellung „The Sovereign Forest“ des indischen Dokumentarfilmers und Künstlers Amar Kanwar: In einem Akt des Widerstandes sammeln sechs Frauen Informationen zu allen Menschen aus ihrem Dorf, die unverhofft aufgrund politischer Aktivitäten „verschwinden“. „The Counting Sisters“ bezieht sich darüber hinaus auf ein aktuelles Phänomen medialer Überfrachtung: Social Media Plattformen, Blogs, Zeitungen, Rundfunk oder TV füttern uns mit Übermengen von neuen Videos, Fotos, Berichterstattungen und Zahlen von Terroranschlägen, Kriegsgebieten, Flüchtlingsströmen, usw.. Schreckensereignisse werden dabei schon „normal“. Sie verschwinden in einer alltäglichen Informationsflut, die wir übersättigt durchsscrollen. Ein Datenstrom Richtung Gleichgültigkeit. Oder anders ausgedrückt: Je mehr wir sehen, desto weniger sehen wir tatsächlich. Und so bleibt auch die Performerin im Video zu „The Counting Sisters“, die eine Figur mit aus dem Kopf herausgeschnittenen Augen darstellt, letztlich blind, egal wie viele Augen sie später aus ihrem Mund herauszieht und auf ihren Körper klebt.

Der Körper der Performerin dient als visuelle Projektionsfläche, dessen Gestaltung als Teil der Komposition begriffen wird. In einer live-Version des Stückes werden Strukturen bestimmter Klangschichten durch Körperbewegungen beeinflusst, die über einen Sensor an der Hand der Sängerin gemessen werden. Auf diese Weise wird die visuelle Gestaltung des Körpers mit der Klangebene der Komposition verknüpft.

Als musikalisches Thema der Gesangstimme wird eine schlichte, volksliedhafte Melodie gesetzt. Darüber hinaus gibt es stellenweise einen Bezug zu dem Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“ von J.S. Bach.

Die Elektronik ist in Max/MSP programmiert. Keimzelle aller elektronischen Klänge ist die Stimme der Performerin. Sie wird gesamplet und durchläuft verschiedene Klangmodulationsprozesse, bevor daraus einzelne Layer des Stückes generiert werden: Ringmodulation, Spectral Delay auf der Basis von FFT, Delays mit variablen Stereo-Panning – Positionen, Pitch Shifting und Kammfilter mit kontrolliertem Feedforward und Feedback – Koeffizienten.

2017

[voice, live-electronics, video, performance]

„The Counting Sisters“ is a further development of a section within the 60-minutes full-lenght piece „C:\dialogue\towards_between.mxo“, commissioned by the NTU Centre for Contemporary Arts Singapore, on the occasion of the exhibition „The Sovereign Forest“ by Amar Kanwar.

The performance on stage is on the one hand an allegory for a ritual of „counting the dead“ as explained in the story of The Counting Sisters written by Amar Kanwar, where six women (in an act of political resistance) collect information around people who recently died due to political „issues“. On the other hand it is the translation of a general phenomenon of digital interconnection: The more information we receive,
the less we notice. Or to express it differently: The more we see, the less we see. Every day our online newspapers and social media timelines are covered with a vast amount of latest news, videos, pictures,
blog posts and comments about 100.000 dead of yesterday, 235.000 of today and a forecast for tomorrow. The dead disappear behind mere numbers. An incident becomes more grave as more dead are counted.
The individual becomes insignificant.

The voice and the resonating body form the nucleus of all sound and stand in interactive correspondence with a real time sound modulating Max patch. Furthermore the performer’s body functions as a projection surface for the visual translation of text immanent processes. Movements extend from raw performative expressions to a tool of interaction between the performer and the computer.