„[K]1 Zimmer Wohnung“ – politisches Musiktheater vom Kollektiv Untere Reklamationsbehörde im mayhaus Frankfurt
[K]1 Zimmer Wohnung stellt in den Räumlichkeiten des mayhauses die künstlerische Forschungsfrage: Wie können wir Wohnraum weiblich* besetzen und behaupten?
Denn: Architektur ist nicht nur “gebauter Raum”, sondern schließt immer auch das Verhältnis zwischen Raum und Gesellschaft mit ein. Architektur reproduziert Formen von gesellschaftlichen Machtstrukturen, von Gender-Hierarchien und zwischenmenschlichen Netzwerken.
Im Zusammenspiel mit dem SHE Choir Frankfurt, live-elektronischer Musik und ortsspezifischer Performance gibt das Kollektiv die Untere Reklamationsbehörde aktuellen und historischen feministischen Perspektiven zum Thema Wohnen, Geographien des Alltags, Wohnraumknappheit und Besetzung eine Stimme.
“Die Tür trennt mich vom Draußen. Also meinen Körper. Aber nie ganz. Da bleibt immer so ein Rauschen der Stadt. Das ist eine Mischung aus Autos, Stimmen, leise Schritte von Menschen über mir,… . Und der Fahrstuhl! Der klingt wie eine Achterbahn, die sich von oben nach unten, von unten nach oben bewegt. Ich finde das beruhigend, dass da immer diese Achterbahn ist, die die Leute nach Hause bringt.”
In der Vorbereitung haben Julia Mihály und Maria Huber dazu mit Expertinnen des Alltags gesprochen, um diverse Fragestellungen zum Thema Wohnen aus einer Flinta Perspektive zu beleuchten: Wie besetze ich Wohnraum in meinem Alltag? Wie klingen die ersten Minuten meines Arbeitstages? Wie wollen wir leben und welche gebauten Räume brauchen wir dafür? Wie können wir unsere privaten Orte für freundschaftliche Netzwerke öffnen? Kann ich meiner Nachbar*in bei ihrem Alltag zu hören? Zu welchen Songs im Ohr leisten wir Carework? Wie klingt das Echo von Einsamkeit? uvm.
“Eine Zahl ist mir dabei besonders im Kopf geblieben: Um den aktuellen Bedarf an Sozialwohnungen in Frankfurt zu decken, bräuchte es ab 2021 im aktuellen Vergabetempo – und auch nur, wenn keine einzige neue Bewerber*in dazu kommt – 26 Jahre, um den Bedarf zu decken. 26 Jahre, damit alle die, die einen rechtmäßigen Antrag auf unterstütztes Wohnen gestellt haben, auch tatsächlich Unterstützung erhalten. Seit ich das weiß laufe ich durch die Straßen mit einem anderen Blick.”
Aus den historischen Recherchen rund um Wohnutopie des Neuen Frankfurt, die durch eine der ersten prominenten Architektinnen, Margarete Schütte-Lihotzky, maßgeblich geprägt wurden, kritischen Interviews mit Hausbesetzerinnen, sowie autobiografischen Erzählungen eröffnet die Untere Reklamationsbehörde einen spielerischen Diskursraum zum Thema Wohnen neu und lädt an zwei Wochenenden das Publikum zur ortsspezifischen Performance ein.
“Naja für mich war das für viele Jahre der gelebte Traum, die gelebte Utopie. Aber dann hatte ich irgendwann meinen Sohn und der ist da aufgewachsen. Das war schön aber auch nicht einfach. Denn schon von ganz früh musste ich ihm beibringen, dass er, wenn er die Bullen sieht, nicht sagen darf, dass er hier wohnt. Ich hab ihm beigebracht: Einfach weiter laufen, am Haus vorbei und dann gehst du einfach für eine Stunde zu dem Haus von einem Freund. Und wenn die Luft rein ist, kommst du heim. Das ging schon, aber irgendwie wurde es trotzdem immer enger (…).”
Gemeinsam mit dem SHE Choir Frankfurt, sowie Musiker*innen (MIDI-Keyboard und E-Gitarre) entstehen darüber hinaus eigens komponierte Chorstücke, sowie experimentelle elektronische Klanglandschaften, die sich auf musikalischer Ebene mit Besetzung auseinandersetzen und alternative akustische Narrative für das mayhaus entwerfen.
Beteiligte:
Künstlerische Leitung: Maria Huber & Julia Mihály
Dramaturgie: Maria Huber
Komposition: Julia Mihály
Performance und Stück-Entwicklung: Amélie Haller, Alice Nogueira
Chor: SHE Choir Frankfurt
Musikerinnen: Despina Apostolou (MIDI-Keyboard), Julia Mihály (E-Gitarre)
Grafik und Werbung: Formfellows Büro für Kommunikationsdesign
Foto-Dokumentation: Christian Schuller
Video-Dokumentation: Adrian Schmidt
Video-Dokumentation: Adrian Schmidt